Fairnesskatalog

Grundsatzerklärung des Landes Salzburg zum Anliegen der Wirtschaftskammer Salzburg betreffend einen so genannten „Fairnesskatalog“ in Bezug auf die Vergabe von Aufträgen durch das Land Salzburg, insbesondere hinsichtlich der Wahrung der Chancen kleinerer und mittelständischer Unternehmen:

1.  Vergaben in Form von Totalübernehmer- oder Totalunternehmeraufträgen:

In der Erkenntnis, dass bei solchen Aufträgen oder Bieterkreis wegen der umfangreichen fachlichen  Anforderungen eingeschränkt sein kann, sowie die konkret zu erbringenden Leistungen (vollständige technische Leistungsbeschreibung bzw umfassende Definition der technischen Mindestanforderungen) unter Umständen erst im Zuge der Planung vollständig erfasst werden  können, liegt es im wirtschaftlichen Interesse von kleineren und mittelständischen Unternehmen,  dass das Land von Vergaben in Form von Totalübernehmer- oder Totalunternehmeraufträgen    grundsätzlich absieht. In besonderen Fällen kann, soweit aus Landessicht erforderlich und begründet,  davon abgewichen werden (zB. wegen enormen Zeitdrucks bei der Abwicklung des
Bauvorhabens).

2.  Wahrung der Interessen kleiner und mittelständischer Unternehmen:

Das Land Salzburg wird bei seinen Auftragsvergaben auch weiterhin auf der Grundlage der jeweils  geltenden vergabegesetzlichen Bestimmungen, in Wahrung  der Grundsätze eines fairen und lauteren  Wettbewerbs und unter Bedachtnahme auf die Anforderungen, die bei einem zu erteilenden  Auftrag zu berücksichtigen sind, von den Möglichkeiten einer Einzelauftragsvergabe
im Wege der Direktvergabe, eines Verhandlungsverfahrens oder der Festlegung ausgewählter Lose Gebrauch machen.
Sofern dem kein sachlicher Grund entgegensteht, ermöglichen Ausschreibungen des Landes  oftmals auch die Einreichung  von Anboten in Form von Bietergemeinschaften. Daran soll sich nichts  ändern. Auf diese Weise wird nicht zuletzt kleinen und mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit geboten, gleichwertig mit größeren Unternehmen am Wettbewerb um den Zuschlag fur größere Aufträge des Landes teilzunehmen.Die Eintrittsschwellen (Eignungs-  und Auswahlkriterien) sind je nach sachlicher Möglichkeit so festzusetzen, dass auch Jungunternehmer die Möglichkeit haben, am Verfahren teilzunehmen.

3.  Auftragsformen:

Das Vergaberecht beurteilt die Einzelvergabe und die Generalunternehmervergabe neutral und präferiert keine der beiden Formen. Ob das Land als Auftraggeber unter Beachtung  der zwingenden  Haushaltsgrundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit daher eine Ausschreibung in Form einer Einzelgewerksvergabe, in Form einer Generalunternehmervergabe oder in einer Mischform (dh. Eröffnung beider Möglichkeiten nebeneinander) bevorzugt, muss projektspezifisch beantwortet  werden.
Dasselbe  gilt auch für die Frage, ob eine Vergabe auf der Grundlage eines detaillierten  Leistungsverzeichnisses stattfinden soll oder in Form einer funktionalen  Ausschreibung. Allerdings  liegt es sowohl im Interesse des Landes als auch der an der Umsetzung  beteiligten  Unternehmen,  in jedem Fall als Grundlage klar definierte Anforderungen heranzuziehen, welche die Bauherrnanforderungen bzw. Nutzerwünsche transparent, nachvollziehbar und abschließend  beschreiben. Die Möglichkeit für kreative Unternehmer, innovative Ideen für kostengünstige Qualität  einzubringen, soll gegebenenfalls nichtausgeschlossen werden. Gesamtvergaben (mehrere Gewerke gemeinsam)  bedeuten  für den öffentlichen Auftraggeber eine wesentliche Reduktion der Koordinationsaufgaben – dh. die Verwaltung kann schlanker werden –  aber nicht unbedingt  Kostenersparnis. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die Durchsetzbarkeit von
Gewährleistungsansprüchen gegenüber Generalunternehmern wesentlich einfacher und besser gegeben ist als bei Einzelgewerkevergaben.
Im Interesse einer zunehmend schlanker werdenden Verwaltung sollte die Interessensvertretung   Maßnahmen fördern, dass in Zukunft verstärkt  klein- und mittelständische  Unternehmen  Koordinierungstätigkeiten übernehmen und auch gesamthafte Aufträge abwickeln können (zB. durch Zusammenschlüsse zu Arbeitsgemeinschaften). Die Übernahme  von Gesamtaufträgen soll im Sinne eines fairen Wettbewerbes sowohl für KMUs als auch für so genannte „Großunternehmer“ möglich  sein.

4.  Schutz der Subunternehmer:

Der vergaberechtliche Grundsatz dass ein Unternehmer  für die Angebotslegung die fehlenden  eigenen betrieblichen Kapazitäten durch einen ARGE-Partner oder einen Subunternehmer ergänzen  kann, ist unbestritten.

Um der Gefahr vorzubeugen, dass insbesondere kleine und mittelständische Subunternehmer auf Grund ihrer schwächeren Marktposition von großen Unternehmern (zB. Generalunternehmern)   Vertragsbedingungen vorgegeben erhalten, die sie nur schwer verstehen können und für sie von Nachteil sind, erklärt sich das Land bereit, in die Vereinbarungen mit seinen unmittelbaren
Auftragnehmern, wie insbesondere Generalunternehmern, folgende Passus aufzunehmen:

„Der Auftragnehmer erklärt, dass er den von ihm allenfalls beauftragten Subunternehmern  keine Vertragsbedingungen abverlangt, die gesetz- oder sittenwidrig sind, oder auf sonstige Weise die von ihm allenfalls  beauftragten Subunternehmer ohne sachlich gerechtfertigten Grund gegenüber seinen eigenen Verpflichtungen einseitig benachteiligen. Klar ist, dass eine solche Regelung nur die Position der Subunternehmer in möglichen gerichtlichen Auseinandersetzungen mit ihren unmittelbaren Auftraggebern bzw. auch in deren Vorfeld stärken soll, keinesfalls aber bedeutet, dass sich das Land damit als Außenstehender in derartige Rechtsstreitigkeiten zwischen  Subunternehmern und ihren unmittelbaren Auftraggebern hineinziehen lassen will bzw. wird. Zur Entscheidung über derartige Differenzen sind die Zivilgerichte berufen.

5.  Gleichbehandlung:

Ausdrücklich  klargestellt wird, dass diese Grundsatzerklärung des Landes Salzburg zum Anliegen der Wirtschaftskammer Salzburg  betreffend einen so genannten „Fairnesskatalog“ nicht den Zweck  hat, lokale Unternehmen oder umsatzschwache Unternehmer vor umsatzstarken Unternehmern zu bevorzugen.

6.  Umweltgerechtheit der Leistung und sozialpolitische Belange:

Das Land Salzburg wird bei seinen Vergabeverfahren auf die Umweltgerechtheit der Leistung  einschließlich Energieeffizienz sowie auf die Beschäftigung von Frauen,  von Personen in Lehrverhältnis, von Langzeitarbeitslosen, von Menschen mit Behinderung und von älteren  Arbeitnehmern  (zB. als Auswahlkriterium, als Zuschlagskriterium oder als Ausführungsbedingung) Bedacht nehmen, sofern dies nach Art und Umfang des zu vergebenden Auftrages relevant ist und verhältnismäßig erscheint oder vom Gesetz verlangt wird, mit den zu beachtenden  Rahmenbedingungen des Auftrags (zB. vorgegebene Terminplanungen) sowie den zwingenden  Haushaltsgrundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit grundsätzlich zu vereinbaren ist und die Abwicklung der jeweiligen Auftragsausführung unter Bedachtnahme auf die verfügbaren Personalressourcen des Landes nicht unverhältnismäßig erschwert.

7.  Winterbau:

Das Land  Salzburg wird bei der Ausschreibung von Bauaufträgen für Wohn- und Bürobauten auf das sozialpolitische Ziel einer ganzjährigen Beschäftigung von Bauarbeitern Bedacht nehmen, indem bei der Planung  darauf geachtet wird, dass grundsätzlich der Innenausbau im Winter erfolgen kann, sofern dies nach Art und Umfang des zu vergebenden Auftrages relevant ist und verhältnismäßig   erscheint oder vom Gesetz verlangt  wird, mit den zu beachtenden Rahmenbedingungen des Auftrags (zB. vorgegebene Terminplanungen)  sowie den zwingenden Haushaltsgrundsätzen der Sparsamkeit,  Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit grundsätzlich zu vereinbaren ist und die
Abwicklung der jeweiligen Auftragsausführung unter Bedachtnahme auf die verfügbaren  Personalressourcen des Landes nicht unverhältnismäßig erschwert.